Wissenschaftliches Schreiben/Aufbau

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Prinzip der Pyramide

Der Aufbau eines wissenschaftlichen Artikels sollte idealerweise dem Prinzip der Pyramide folgen. Das bedeutet, dass der Text einen hierarchischen Aufbau verfolgen sollte. Der eigentliche Inhalt des Artikels (Motivation, Inhalt, Ergebnisse) wird in mehreren Iterationen wiedergegeben (z.B. drei), wobei der Abstraktionsgrad bei jeder Iteration sinkt. In hochwertigen Publikationen (z.B. im Journal IEEE TSE) ist dieses Prinzip deutlich zu erkennen. Der Vorteil ist, dass es das Verständnis eines komplexen Sachverhalts mit vielen Details wesentlich erleichtert. Die Lesenden können die Details eines Lösungsansatzes besser einordnen, wenn sie das Ziel der Argumentation bereits kennen. Auf diese Weise wird auch verhindert, dass ein Artikel wie eine Kriminalgeschichte geschrieben wird, bei der erst am Schluss klar wird, worauf die Autoren/innen hinaus wollten, und was das eigentliche Ergebnis der Arbeit war.

Zusammenfassung (Abstract)

"Zusammenfassung (Abstract)", "Einleitung (Introduction)" und "Schlussfolgerung (Conclusions)" gehören zu den meistgelesenen Abschnitten eines wissenschaftlichen Artikels und sollten daher mit besonderer Sorgfalt geschrieben werden. Idealerweise enthält ein Abstract die unten aufgeführten fünf Punkte. In einem kurzen Abstract sollte zu jedem dieser Punkte genau ein Satz geschrieben werden. Bei Publikationsformen mit längeren Abstracts können auch zwei Sätze pro Punkt geschrieben werden.

  1. Eingrenzung des Forschungsbereichs (In welchem Themengebiet ist die Arbeit angesiedelt? Wie ist das Verhältnis zum Thema der Konferenz/des Journals?)
  2. Beschreibung des Problems, das in dieser Arbeit gelöst werden soll (Was ist das Problem, und warum ist es wichtig, es zu lösen?)
  3. Mängel an existierenden Arbeiten bzgl. des Problems (Warum ist es ein Problem, obwohl sich schon andere mit dem gleichen Thema beschäftigt haben?)
  4. Eigener Lösungsansatz (Welcher Ansatz wurde in dieser Arbeit verwendet, um das Problem zu lösen? Was ist der Beitrag dieses Artikels?)
  5. Art der Validierung + Ergebnisse (Wie wurde nachgewiesen, dass die Arbeit die versprochenen Verbesserung wirklich vollbringt (Fallstudie, Experiment, o.ä.); Was waren die Ergebnisse der Validierung (idealerweise Prozentsatz der Verbesserung)?)

Gute Tipps zum Thema Abstracts: https://www.lightbluetouchpaper.org/2007/03/14/how-not-to-write-an-abstract/

Einleitung (Introduction)

Die Einleitung dient dazu, die Lesenden an die eigene Arbeit heranzuführen. Sie sollte sich von allgemeinen Aussagen zum eigentlichen Thema heranarbeiten. Die Einleitung sollte so geschrieben werden, dass jede/r Informatiker/in (auch aus anderen Teilbereichen der Informatik) verstehen kann, wozu die Arbeit dient. Idealerweise folgt die Einleitung dem gleichen Aufbau (fünf Punkte) wie der Abstract, jedoch wird jetzt für jeden der Punkte ein ganzer Abschnitt geschrieben. Der vorletzte Absatz der Einleitung (also nach Abhandlung der fünf Punkte) sollte mit "The contribution of this paper is …" beginnen und die eigentlichen neuen Beiträge der Arbeit (meist zwei bis drei Punkte) nochmals deutlich herausstellen. Das erleichtert es Gutachtern/innen, den wissenschaftlichen Beitrag der Arbeit zu erfassen. Der letzte Abschnitt der Einleitung kann einen Überblick über das Papier geben und jeden Abschnitt des Papiers mit einem Satz beschreiben.

Verwandte Arbeiten (Related Work)

Eine Auflistung verwandter Arbeiten ist essentiell für jeden wissenschaftlichen Artikel. Siehe Literaturrecherche.

Einleitung/Positionierung

Bereits in der Einleitung sollte auf die Unzulänglichkeiten verwandter Arbeiten eingegangen werden, um die eigenen Arbeit zu motivieren. In kürzeren Artikeln (ca. acht Seiten) kann man die verwandten Arbeiten schon komplett in der Einleitung abhandeln um Platz zu sparen, in längeren Artikeln (ab ca. 15 Seiten) sollte jedoch ein eigener Abschnitt "Related Work" geschrieben werden. Dieser eigene Abschnitt kann entweder vor den eigentlichen Beitrag gestellt werden (also Abschnitt 2 nach der Einleitung), um die Verbesserungen der Arbeit gegenüber anderen Arbeiten zu betonen. Alternativ kann dieser Abschnitt auch erst am Ende eines Artikels vor den Schlussfolgerungen stehen (z.B. wenn man einen recht neuen Ansatz entwickelt hat, der sich nur schwierig mit anderen Arbeiten vergleichen lässt).

Inhalt

In den Abschnitt "Verwandte Arbeiten (Related Work)" gehört idealerweise zunächst ein bekannter Überblicks-Artikel zum Themengebiet bzw. ein Standardwerk. Damit können sich interessierte Forscher/innen einen eigenen Überblick zu verwandten Arbeiten in diesem Themengebiet schaffen, sofern dieser noch nicht vorhanden ist. Es folgt die Diskussion ähnlicher bzw. verwandter Arbeiten, idealerweise strukturiert nach Klassen von verwandten Arbeiten, beispielsweise verschiedene Zielen oder Vorgehensweisen. Diese Arbeiten sollten dabei nicht einfach beschrieben werden, sondern immer in Bezug zur eigenen Arbeit gesetzt werden. Wenn sich die eigene Arbeit von einer ganzen Klasse von verwandten Arbeiten gleich abgrenzt, sollte diese Abgrenzung nicht immer wiederholt werden sondern herausfaktorisiert werden an bspw. den Anfang des entsprechenden Unterabschnitts. In diesem Fall müssen auch die verwandten Arbeiten dieser Klasse nicht einzeln detailliert aufgelistet werden, sondern können zusammengefasst werden. Insgesamt sollten die Kernverbesserungen der eigenen Arbeit im Verhältnis zu jeder verwandten Arbeit klar herausgearbeitet werden (entweder einzeln oder pro Klasse). Auf keinen Fall sollten verwandte Arbeiten unreflektiert aufgelistet werden.

Annahmen und Einschränkungen (Assumptions and Limitations)

Es hat sich als positiv herausgestellt, die Annahmen und Grenzen des eigenen Lösungsansatzes explizit in einem eigenen Abschnitt zu disktuieren. Dies nimmt einerseits den kritischen Begutachtenden, die nach Unzulänglichkeiten des Ansatzes suchen, den Wind aus den Segeln. Andererseits wird die Aufrichtigkeit gegenüber den eigenen Schwächen von den meisten Begutachtenden eher positiv denn negativ beurteilt und demonstriert eine gewisse Selbstsicherheit des/der Autors/in.

Schlussfolgerungen (Conclusion)

Die Schlussfolgerungen beenden den Artikel und erhöhen den Abstraktionsgrad der Beschreibung wieder, genau so, wie die Einleitung diesen gesenkt hat. Meist sind Schlussfolgerungen nicht sehr sorgfältig geschrieben, weil sie unter Termindruck entstanden sind und als nicht wichtig erachtet werden. Dieser Praxis sollte nicht gefolgt werden, da viele Begutachtende nach "Zusammenfassung (Abstract)" und "Einleitung (Introduction)" zunächst die "Schlussfolgerungen (Conclusion)" lesen und dann beurteilen, ob sie den ganzen Artikel lesen. Idealerweise bestehe die Schlussfolgerungen aus folgenden drei Punkten, für die jeweils ein Abschnitt gesetzt werden sollte:

  1. Zusammenfassung: Was wurde in dieser Arbeit gemacht? Was waren die Schlüsselergebnisse? Diesmal jedoch zusammengefasst nochmals für Lesende, die die vorherigen Seiten mit allen Details bereits gelesen haben.
  2. Adressaten der Verbesserung: Wem nützen die Verbesserungen/Beiträge der Arbeit? Inwieweit wird der Stand der Wissenschaft und Technik durch die Arbeit verbessert?
  3. Aufbauende/Zukünftige Arbeiten: Welche nächsten Schritte sind geplant (erst kurzfristige, dann längerfristige)? Welche möglichen Lösungsansätze für noch bestehende Probleme sind denkbar? Wie könnten Folgearbeiten aussehen?

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